Selbsttötung eines Bundesbürger im Grenzgebiet der DDR am 29.09.1987

 

 

 

Home  > BGS > BGS Braunschweig > Grenzzwischenfälle > Selbsttötung eines Bundesbürger im Grenzgebiet der DDR

Seite erstellt: 24.11.2022

Letzte Änderung: 24.11.2022


Kurzbericht des Bundesgrenzschutzes

29.09.1987, 08.45 Uhr

Bahnlinie Völpke / Vermutliche Selbsttötung eines Bundesbürgers auf dem Gebiet der DDR (Heinz Falk Schröder)

Eine starke GrTr-Zusammenziehung zwischen eMGZ und SSZ [Anm.: zwischen einfachem Metallgitterzaun und Schutzstreifenzaun] ließ bei eigenen Kräften den Verdacht aufkommen, dass irgend etwas passiert sein musste.
Gegen 08:45 Uhr befanden sich bereits 12 Grenzsoldaten (GrSo) am Ereignisort.
Man konnte sich zunächst keinen Reim darauf machen, was dort auf dem Gebiet der DDR vor sich ging.
Um 09.15 Uhr wurde beobachtet, dass GrSo ein zeltähnliches Gebilde ausbreiteten, womit irgend etwas abgedeckt werden sollte.
Erkannt wurde auch ein Loch, welches in den eMGZ geschnitten worden war.
Zettel (Flugblätter) lagen auf dem K6 (Kontrollstreifen 6), dem bKW (betonierten Kolonnenweg) und dem Gelände jenseits des bKW.
Um 14:28 Uhr wurde erstmalig, nachdem eine Tarnplane am Zelt entfernt worden war, ein gekrümmter Körper erkannt.
Wie sich später herausstellte, handelte es sich hier um den 25-jährigen, männlichen Bundesbürger Falk Schröder, der sein Fahrzeug in Offleben geparkt, ein Loch in den eMGZ geschnitten und sich nach Angaben der DDR selbst getötet haben soll.
Bei der Öffnung des Kfz. fand die Polizei u.a. eine Bibel, eine Musikkassette mit dem Lied "Spiel mir das Lied von Tod" und zwei Plastikraster für Pistolenmunition à 50 Schuss vermutlich Kal. 7,65.
Ermittlungen bei ortsansässigen Personen ergaben, dass diese bereits zwischen 04:30 Uhr und 05:00 Uhr ca. 5 Schüsse gehört haben wollen.
Der Tote war ehem. Bürger der DDR und kam vor 1982 in die Bundesrepublik.

 

Kurzbericht eines ehemaligen DDR-Grenztruppenangehörigen der Grenzkompanie Sommersdorf

Es war im September 1987, hatte mal wieder uvd von 6-18 Uhr.

Gegen 7.00 Uhr schickte ich meinen we zum Frühstück und sagte ihm aus Spaß: "um 7.10 Uhr bist du wieder da".

7.09 Uhr klingelte der kgsi mich auf dem Kasten mit den vielen Lichtern an (weiß nicht mehr die Bezeichnung).

Muss dazu schreiben, der kgsi war ein ufw, der auf meinem Zimmer mit lag.

Er sagte: ,,H. ich habe vermutlich eine Festnahme am Tuskulum, Kompanie Grenzalarm.

Ich sagte: "ok th..." und legte auf. Bin hochgesprungen und hab den Alarmknopf betätigt. Danach rannte ich in denn Offiziersspeiseraum und meldete es dem kc. Der hoch der olle Hauptmann und ans Telefon gerannt, so schnell hab ich den noch nie gesehen. Ich habe in der Zwischenzeit die Waffenkammer aufgeschlossen und hab gewartet, bis die ersten kamen.

Was war passiert?

In der Nähe des Tuskulum, ca.1 km von Offleben Richtung Harbke, war eine männliche Person von West nach Ost durchgebrochen, hatte denn gz [Anm.: Grenzzaun] durchgeschnitten, Flugblätter verteilt auf dem Kolonnenweg und rannte da rum.

Zur selben Zeit waren 2 Kameraden mit dem Krad unterwegs zur Kontrolle des k6 [Anm.: Kontrollstreifen 6]. Sie kamen über einen Hügel gefahren und sahen den gv [Anm.: Grenzverletzer] auf dem Kolonnenweg rumrennen und hielten an.

Ca. 25m standen die beiden ,,Parteien,, auseinander. Der gv sah sie und zückte eine Pistole und richtete sie gegen unsere Leute. Dann muss es ein lautes Wortgefecht gegeben haben, bis sich der gv die Pistole auf die Brust hielt und abdrückte. Unsere Kameraden gleich erste Hilfe geleistet aber es kam jede Hilfe zu spät. Der Mann war tot. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass es ein ehemaliger DDR Bürger war, in Bautzen im Knast gesessen hat und nun in die DDR zurück wollte, um sich zu rächen.

Als die 2 vom gd [Anm.: Grenzdienst] rein kamen, waren sie fix und fertig, könnt ihr euch ja vorstellen. Musste ja als Waffenkammerberechtigter ihre Waffen entgegen nehmen, kann euch bestätigen: aus den 2 Waffen ist kein Schuss abgeschossen worden.

Gegen 9 Uhr ging dann der Sachstand los, Männer mit dunklen Sonnenbrillen kamen -  denk mal Kripo oder Stasi von Berlin, Magdeburg durfte es damals nicht übernehmen, soviel ich weiß. Die 2 mussten dann zum Report. Wo sie da wieder raus kamen und an der UvD-Bude vorbei sind, standen ihnen die Tränen in den Augen. Glaube jeder von den beiden hat ein Grenzerei bekommen, aber trotzdem so was möchte ich nicht erleben.

So, das war meine Grenzergeschichte, was eine wahre Begebenheit war. Ich weiß noch, es stand damals in der "Jungen Welt" ein kleiner Artikel, dachte ich finde was darüber im Netz, aber nix da.

Es muss ein Freitag gewesen sein, denn einige wollten in denn Urlaub und konnten nicht. Bei mir als uvd haben nun die Angehörigen angerufen, warum ihr Sohn oder Mann nicht kommen, habe ihnen bloß am Telefon gesagt: "schauen sie heute abend Fernsehen", auf ARD haben sie es gebracht, aber nicht in der ak [Anm.: Aktuelle Kamera].

Werde diese Geschichte nie vergessen.

 

 

 

 

Die folgenden Fotos können durch "Mausklick" vergrößert werden.

Hinweis: die Fotos unterliegen dem internationalen Urheberrecht und dürfen ohne

Zustimmung des Eigentümers nicht anderweitig veröffentlicht oder verwendet werden.