Die
deutsch-/deutsche Geschichte des Landwirts Hans Krienitz
Hans Krienitz
ehem. Landwirt in Wennerode, Hofstelle 15, von 1964 – 1994
Zur Erinnerung an 30 Jahre Wennerode
Umsiedlung von Ost nach West
Nach der sogenannten „Bodenreform“ in der damaligen „Sowjetischen
Besatzungszone“, wo alle Landwirtschaftsbetriebe über 100 ha enteignet wurden,
waren meine Eltern auf einmal mit ihren 78 ha die sogenannten „Großbauern“ in
unserem Heimatdorf Wallwitz, OT. Dachritz im Saalkreis nördlich von Halle/Saale.
Systematisch wurden die Großbauern wirtschaftlich in den Ruin getrieben. Das
Abgabensoll lag pro ha 3x so hoch wie der der Neubauern.
Die Zuteilung von Dünger und anderen Betriebsmitteln war viel kleiner, dafür
aber die Steuern und Abgaben enorm hoch.
Das Ziel der damaligen Regierung war klar, Schaffung von sozialistischen
Großbetrieben! Die Neubauern wurden zu billigen Arbeitskräften, die Altbauern
wurden gezwungen, in die L.P.G. einzutreten.
Nach vielen Verhören, Androhungen und Diskriminierungen verließen meine Eltern
im Frühjahr 1951 Haus, Hof, Heimat und Freunde, um einer Verhaftung zu entgehen.
Ich hatte nach einem halben Jahr Militärzeit Glück im Unglück und wurde im
Herbst 1945 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft als „Invalide“ entlassen (ich
war 17 Jahre alt).
Meine landwirtschaftliche Ausbildung machte ich auf einigen Betrieben im Kreis
Wolfenbüttel und Goslar.
Dort lernte ich auch meine spätere Frau kennen, die aus unserer alten Heimat
stammte.
Ein guter Freund vermittelte mir eine Pachtung in Haverlah bei Salzgitter. Dort
wären wir gerne geblieben, aber der Hof sollte verkauft werden. Da ein Kauf für
uns unmöglich war, mussten wir uns um etwas anderes bemühen.
Nach langer Ungewissheit bekamen wir die Zusage, den Aussiedlungshof Nr. 15 in
Vienenburg/Wennerode übernehmen zu können. Hof und Ackerland lagen am weitesten
ostwärts im sogenannten „Wenneroder Zipfel!“
Die Entscheidung, dort unsere persönliche und wirtschaftliche Zukunft zu
gestalten, war nicht einfach, aber doch richtig. Anfang Oktober 1964 konnten wir
in den neuen 34 ha großen Hof einziehen.
Es war Aufbruchstimmung. Viele aktive Bauernfamilien schufen sich ein neues „Zu
Hause“.
Die wirtschaftliche Entwicklung ging weiter. Ackerland zu pachten, war
unmöglich. Also Aufstockung des Viehbestandes. Wir hatten Bullenmast und
Hühnerhaltung. Die Scheune wurde zum Bullenstall, so dass ich 70 Stück halten
konnte. Rübenblatt und Stroh kaufte ich in den Nachbardörfern dazu.
Strohrollen wehen von West nach Ost
Das Stroh wurde mit einer Rundballenpresse geborgen und im Freien gelagert. Und
diese Lagerung führte zu einem "Grenzzwischenfall West-Ost".
Im Winter 1982/83 gab es einen starken Sturm, der die 60 Rollen, die an einem
Feldweg lagen ostwärts über den Acker verteilte.
13 Rollen landeten in dem Grenzgraben zur DDR. Da gab es Aufregung bei Zoll und
BGS, mit denen wir immer guten Kontakt pflegten. Schließlich sollten wir in Ruhe
unserer Arbeit nachgehen, und haben uns exakt an die eingetretene Grenzziehung
gehalten.
Ich habe dann einen Vorschlag gemacht, wie die 13 Rollen zu bergen waren. Vom
BGS wurde uns zugesagt, dass eine Vereinbarung mit der Ostseite erfolgen sollte.
Wir wurden nur gebeten, Ruhe zu bewahren.
Nach ca. 3 Wochen bekam ich Nachricht, dass mir für den 12. Januar 1983 in der
Zeit von 10 bis 13 Uhr gestattet wurde, mit maximal 2 „zivilen“ Personen und
jeweils einem Schlepper und einem Anhänger das Gebiet der DDR in maximal 10 m
Tiefe zur Bergung der Strohrollen zu betreten.
Also: zivile Kleidung, kein Parka der Bundeswehr, 3 Gummiwagen kurz vor der
Grenze abstellen, mit jeweils einem Wagen die Grenze passieren, um die Rollen zu
bergen.
Erfreulich war in unserem Sinne, dass es kein großes Aufgebot der Medien gab. So
war nach gut einer Stunde die „Aktion Strohballen“ abgeschlossen.
Sehr gefreut habe ich mich über die Bilder, die mir Wilhelm Fulst bei seiner
Geburtstagsfeier übergab.
Diese Bilder hat Wilhelm von einem guten Bekannten erhalten, der beim BGS war
und gebürtig aus Lochtum stammen soll.
[Anm.: die Bilder stammen von Lothar Engler und sind am Ende dieses Beitrages
mit eingefügt].
Rückkehr in die alte Heimat
Nun noch zwei Sätze, wie es mit Familie Krienitz nach der für uns alle so
erfreulichen Wiedervereinigung weiter ging:
Unser Sohn Sven hatte seine Lehre abgeschlossen und war gerade in der
Landwirtschaftlichen Fachschule.
Das war ein persönlicher Glücksfall, um in der alten Heimat wieder einen Betrieb
aufzubauen.
Nach schwierigen Verhandlungen gelang es mir, den 90 ha großen Hof in Burgsdorf
(nordwestlich von Halle/Saale) aus der staatlichen Verwaltung in den
Privatbesitz wieder zurück zu führen.
Zur Gründung eines Ackerbetriebes pachteten wir vorerst 200 ha dazu. Wennerode
wurde verkauft, um den Anfang zu finanzieren.
In nunmehr 23 Jahren hat mein Sohn strebsam weiter entwickelt, was wir zusammen
aufbauten!
Meine Frau starb leider schon vor 16 Jahren; ich lebe hier recht zufrieden und
dankbar für die positive Entwicklung!
Hans Krienitz – ehem. Wennerode / jetzt Burgsdorf im Mansfelder Land // aufgezeichnet im
Dezember 2014
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